Mittwoch, 25. Juli 2018

The last waltz


Nachtrag zum gestrigen Tag.
Gestern hatten wir den ersten ernstzunehmenden Unfall. Manni ist bei einer Wende und eigentlich schon stehend mit seinem Fahrrad umgekippt. Hätte er keinen Helm getragen, wäre er mit dem Kopf aufgeschlagen. Heute morgen entdeckten wir zwei Dellen in seinem Helm.  So weit gut. Aber er hatte sich den Ellenbogen verdammt aufgeschlagen. Im ersten Moment dachten Hossein und ich, dass die Sehne oder Knochen freiliegen würden. Es blutete, konnte aber mit Desinfektionsspray und Pflaster gestoppt werden. Nun wird die Wunde etwas dick, scheint aber nicht entzündet zu sein. Manni ist ein harter Hund und kann mit Schmerzen umgehen. Alle Achtung.




Im Morgengrauen sind wir in Harlingen gestartet Richtung Osten. Und wie der Teufel oder wer auch sonst wollte, pünktlich zum Start drehte der Wind auf Nordost und zwar mit zunehmender Stärke. 




Die Tour lief über Franeker, Leeuwarden zunächst bis Groningen nach 90 km wo wir beim Japaner am Markt  aßen und mal wieder ein Heineken tranken. Ehrlich, von diesem Getränk haben wir langsam die Nase voll und wollen unser Referenzbier um 16.00 in Bagband genießen.
Die Sonne und der Wind waren wirklich nervenzehrend.










Nach weiteren 40 Kilometern sind wir dann auf einem Campingplatz in der Nähe von Scheemda  de Bouwte angekommen. 
Abends wurde noch einmal Dampf abgelassen. 25 Tage mit drei Männern mit sehr unterschiedlicher Persönlichkeit und Frustrationsgrenzen, das war nicht immer einfach.


Morgen lassen wir uns etwas mehr Zeit mit dem Aufstehen und Zusammenräumen und frühstücken auf dem Campingplatz, auf dem Romy, die Managerin, uns morgen selbstgebackenes  Brot und Rührei servieren will.


Jetzt sitzen wir in Leer am Hafen und nehmen erst einmal ein isotonisches Getränk zu uns. Der Flüssigkeitsverlust ist enorm. Und was haben wir wieder.......einen wunderbaren Gegenwind, der uns so kurz vor dem Ziel nichts mehr anhaben kann.


Punkt 16.00 Uhr sind wir in Bagband, versprochen!

Und so war es auch. Pünktlich um 16.00 radelten wir auf den Hof der historischen Brauerei Ostfriesenbräu und wurden fulminant von unseren Familien,  Freunden und unseren Frühschwimmies begrüßt. So ein herzlicher Empfang mit Lied ließ bei jedem von uns die Augen nun doch etwas feucht werden. Vielen, vielen Dank an Euch alle.
Ich werde noch versuchen, das Video von Eurem Ständchen hochzuladen.
Nun aber ersteinmal die Bilder



















Während der Radtour und insbesondere bei der Bewältigung der über 9000 Höhenmeter haben wir uns immer wieder gefragt, warum machen wir das bloß?

Nach 26 Tagen ergebnislosen Fragens haben wir  gestern endlich die Antwort erhalten.......

WIR WAREN EIGENTLICH NUR WEGEN DIESES GRANDIOSEN EMPFANGS UNTERWEGS!!!!

.........na ja, und weil wir endlich wieder unser Ostfriesen Bräu mit Euch trinken wollten

😘🤩😘🤩😘🤩😘🤩😘🤩😘🤩😘🤩😘🤩😘🤩😘🤩😘🤩😘😘😘🤩😘🤩





Das Lied:
Mit dem Rad, mit dem Rad, mit dem Rad, Kamerad
Mit dem Rad, Kamerad,
Fahrn wir hinaus,
Mit dem Rad, mit dem Rad, mit dem Rad, Kamerad
Mit dem Rad, Kamerad, und dann nach Haus.

Die Sonne scheint, das Herze lacht.
Jetzt wird sich auf den Weg gemacht.

Von Bordeaux bis Bagbands Bier,
Das ist ein Klacks,  das schaffen wir.

Familie, Freunde schrein HURRA,
Die Drei sind endlich wieder da!

Text bearbeitet von  Bärbel


https://youtu.be/ZoMTqqdQY68








Dienstag, 24. Juli 2018

Jann, der Engel mit dem eisgekühlten Bier

Allah, Gott oder wie sie auch alle heißen, die für diesen Irrsinn auf Erden verantwortlich sind, schicken doch manchmal einen Engel zu den Menschen. Je nach Inhalt des jeweilig erwählten Aberglaubens kann dieser Engel in unterschiedlicher Gestalt erscheinen. Für uns war es Jann, der etwas abgerissene Mann aus Harlingen, genauso verschwitzt und ungewaschen wie wir, aber mit weniger Zähnen im Mund. Aber dazu später.

Für uns bricht nun langsam das Ende unserer Radtour an. 2000 km unterschiedlichster geologischer Formationen mit insgesamt 9500 Höhenmetern liegen nun schon hinter uns und seit Tagen bewegen wir uns auf Meereshöhe in Holland.
Wegen der Hitze und der leichten Aufregung über das, was uns eventuell auf dem Abschlussdeich erwartet, sind wir im Morgengrauen gestartet und fuhren  zur Fähre über den Noordseekanaal  nach Bewerwijk. Die Fähre ist kostenlos und ausschließlich für Radfahrer und Fußgänger. Viele Menschen waren auf dem Weg zur Arbeit. Am gegenüberliegenden Ufer gibt es eine Menge Raffinerien und Industrieanlagen. Jürgen sang das Lied von Bruce Springsteen Factorylife und wir waren beim Anblick dieser offensichtlich hart arbeitenden Menschen erleichtert , nicht mehr in die Tretmühle der Arbeit zu müssen. Rentner zu sein ist wirklich ein enormes Privileg. Muss man sich immer wieder vergegenwärtigen.



Bruce Springsteen



In Alkmaar bogen wir nordöstlich quer durchs Land ab. In Holland kein Problem, weil alle Orte durch gut ausgebaute Radwege miteinander verbunden sind. Wir durchfuhren Ortschaften, die wie Puppenstuben, gefertigt in der Weihnachtswichtelwerkstatt, aussahen. Ohne Kitsch, gefühlt authentisch, toll erhalten und unglaublich gemütlich. Jedes Haus hatte seinen eigenen Charakter. Zu den vorher durchfahrenden Industrievierteln ein erholsamer Kontrast, so dass fast der Glaube entstand, hier sei die Welt noch in Ordnung. Fischreiher und Schwäne mit Jungen in den Vorgärten und selbst die auch hier anzutreffenden Maisfelder waren mit mehreren Metern breiten Wildblumenbeeten für Insekten umgeben. Durch Brückenarbeiten unterbrochene Radwege sind kurzerhand durch kostenlose Fähren, die den nur 15 Meter breiten Kanal für Radfahrer queren, ersetzt. Das stelle man sich mal am Ems- Jade Kanal vor, wo seit Jahren die Fahrradbrücke nach Schirum geschlossen ist.







Unterwegs traf Manni noch auf den ausgemusterten Jaguar von Yoko Ono  u John Lennon.

Und die ersten Wohnschiffe mit üppigen Vorgärten.


In Medemblijk waren wir dann am Ijsselmeer und immer noch 20 km vor dem Abschlussdeich. Wir hatten zwar südlichen Wind von achtern und noch einen strahlend blauen Himmel, aber eine Gewitterzelle saß uns im Nacken und verleitete uns, auf der unglaublich langen und schnurrgeraden Strecke von 20 km so richtig in die Pedalen zu steigen.
Der mit Spannung erwartete Abschlussdeich mit fast 30 km Länge war eher ernüchternd. Es war wie ein Radweg an der Autobahn, lediglich mit besserer Aussicht. Hitze und Autolärm ließen die Stimmung auf den Nullpunkt sinken und mit 110 km hatten wir unser Tageslimit schon überschritten. 


Manni auf dem Abschlussdeich, hat nicht nur an Erfahrungen, sondern auch an Muskeln gewonnen.


Ein Wort ergibt das andere und irgendwie kommt man aus der danach folgenden  Sprachlosigkeit nicht raus.
Wir mussten noch 10 km zum nächsten Campingplatz nach Harlingen und arbeiteten uns auf dem Radweg auf der Deichkrohne hoch. Der Teerweg war gerade wegen der geschmolzenen Oberfläche neu bekiest worden. Trinkwasser war am Ende und oben auf der Krohne ging nichts mehr. 
Von der Seeseite arbeitete sich ebenfalls ein Radfahrer mit Packtaschen nach oben und begrüßte uns, als wenn er uns erwartet hätte. Aus seiner Packtasche zauberte eine gekühlte Bierdose und auf die eher rhetorische  Frage, ob er auch eine für uns hätte, kam die lakonische Antwort, " aber klar doch" und zauberte drei weitere Dosen EISGEKÜHLT aus seinen Taschen. Nach ein paar Sätzen war klar, dass auch er zu gut für diese Welt und an ihr gescheitert war und ein paar Leute zum Quatschen brauchte, aber für uns kam er und das Bier zur rechten Zeit. Manni umarmte Jann beherzt, besser isses, man weiß ja nie...........

Danach lief wieder alles easy.  Wir genossen noch einmal den letzten Blick über die niederländische Nordsee. In Harlingen endet unser Radweg am Atlantik. Morgen werden wir Richtung Groningen abbiegen. Vorbei ist vorbei.(Falco)


Camping de Seehoeve, 50,00 EURO, gepflegter Campingplatz mit Zugang zum Meer, wenn es denn da ist, gleich überm Deich.
Hossein zauberte aus halbfertigen Grundstoffen aus dem örtlichen Aldi durch die Zugabe von japanischer Sojasauce  eine essbare Hähnchenpfanne mit Reis. Selbst der  Rosè war trinkbar, selbstverständlich gekühlt im Gästekühlschrank des Campingplatzes.  

Montag, 23. Juli 2018

Like ice in the sunshine

Glaubt nicht, nur in Aurich ist es heiß. Auch hier in den Niederlanden schrauben sich die Temperaturen in die Höhe.
Die Erfahrung hat gezeigt, dass die ersten 50 km am Vormittag die leichtesten sind. Danach kommt bei Temperaturen von über 35 Grad und ohne Schatten nur noch ödes kilometerreißen bis zum letzten Campingplatz bei ca. 100 Streckenkilometern, den wir bis 16.00 erreichen müssen. Danach ist die Luft raus..
Also Start wieder am frühen Morgen und eigentlich ist es immer wieder die schönste Zeit des Tages.
Kein Verkehr, die Orte sind noch verschlafen, Tau auf den Feldern und die verschiedenen Tiere wärmen sich in der aufgehenden Sonne.
Unsere Tour führte uns heute durchs holländische Inland auf gut ausgebauten Radwegen durch Wiesen, unterbrochen von zahllosen Wasserläufen und Kanälen. Auf den Radwegen waren schon viele Radfahrer unterwegs, in der Regel mit Pedelecs, offensichtlich auf dem Weg zur Arbeit. Das Pedelec ist hier tatsächlich eine ernstzunehmende Alternative zum Auto und dient nicht wie bei uns, zum erleichterten Brötchenholen.






Wir setzen mit der Fähre über die Scheuer  nach Maassluis und wunderten uns über die Schönheit der Städte, durchzogen von Kanälen und mit ungezählten Klappbrücken und fahrradampeln, die mit Bewegungsmeldern ausgestattet sind und bei sich nähernden  Radfahren automatisch auf grün schalten.







Manni macht tolle Bilder, deshalb ist er auch so selten drauf, aber er war tatsächlich dabei.





Wir passierten die Orte Delft und Leiden und unser Navi führte uns direkt durch die schönen Innenstädte mit leckeren Frühstücksangeboten. Hier schmecken die Croissants immer noch wie in Frankreich, der Kaffee ebenfalls.
Dann die zweite Panne. Jürgens Fahrradpedale bricht , wohl als Folge der bretonischen Überlastung und muss erneuert werden. Wir finden einen Fahrradschrauber, der eine gebrauchte aus einer bis oben gefüllten Kiste mit Pedalen herausfischt. Für 5,00 ist das Problem behoben.





So schön auch die holländischen Städte sind, so anstrengend ist aber auch das Radfahren in ihnen. Ein Gewusel von Radfahrern, immer wieder anhalten und anfahren, Fahrradstrecken mit mittelalterlichem Kopfsteinpflaster, du fährst und fährst und machst keine Strecke. Das zehrt etwas an den Nerven, wenn die Sonne den Fahrradhelm auf gefühlte 50 Grad erhitzt. Amsterdam lassen wir östlich liegen und in Driehus, rund 30 km nördlich Haalem meldet das Navi einen Naturcampingplatz, wir vermuten  Schlimmes, sind aber über den kühlen und mit Bäumen bewachsenen großzügigen Platz angenehm überrascht.
Heute kocht Hossein Basmatireis mit asiatischer Gemüsemischung, frisch natürlich. Mit einem Rosè lassen wir den Abend ausklingen.

Naturcamping Schoonenberg 40,00 die Übernachtung für uns alle.

Jetzt liegen nur noch 300 km vor uns. Morgen geht's durch Alkmaar auf den 30 km langen Abschlussdeich. Wir sind gespannt, welcher Wind uns erwartet💨

Donnerstag werden wir in Bagband einfahren.


Sonntag, 22. Juli 2018

Maisjes am Deich

Heute wäre ein Tag, den man unter dem herkömmlichen Sinne als Urlaubstag bezeichnen könnte.
Vor Sonnenaufgang sind wir gestartet und haben denselben dann direkt vor uns gehabt. Tau lag noch über dem Dammse Vaart und verschluckte die Beine der Kühe, die aus den nassen Wiesen auftauchten. Krächzende Gänseschwärme zogen über uns hinweg in gleicher Richtung. Die kleinen holländischen Orte waren noch im Tiefschlaf und wir wussten, so etwas erlebst du nur, wenn du mit dem Rad um diese Zeit unterwegs bist.














Für die 22 km bis zum Fähranleger in Breskens mussten wir in die Pedalen steigen, wussten wir doch, dass die Fähre nach Vlissinge  immer 15 Minuten nach der vollen Stunde fährt, allerdings war uns nicht bekannt, dass die erste Fähre erst um 8.15 ablegt. Also gut eine Stunde warten und einige Klönschnacks mit anderen Radfahrern halten, die sich hier versammeln, um Richtung Norden zu reisen.







Nach der Überfährt erschloss  sich uns ein ganz anderes Bild von Holland, was bisher ja im Wesentlichen durch Besuche in Amsterdam oder Groningen geprägt ist.
Durch die Abtrennung der Osterschelde durch Deiche und Flutsperrwehre entstand eine  kilometerlange Freizeitlandschaft ohne den Fastfoodtourismus wie in Belgien . Der Radweg verläuft direkt auf der Deichlinie und man hat den Blick auf die Nordsee und die Binnenmeere. 
Middelburg, Schouwen- Diuveland bis Hellevoetsluisse, wo wir jetzt auf einem angenehmen Campingplatz nach rund 100 km gelandet sind. Das Beste an diesem Tag,.........Wir haben endlich einen spürbaren Rückenwind südwest von mindesten 4bft.
Zwischendurch haben wir noch ein Bad im Grevenlingenmeer genommen.







Unterwegs trafen wir auf zwei Maisjes, die uns nicht ungeküsst weiterfahren ließen😂






Heute ist Sonntag, die Geschäfte sind geschlossen und Hosseins Küche bleibt mal kalt. Wir besuchen das Restaurant auf dem Campingplatz, Wolfsbarsch mit Bratkartoffeln. Am Zelt gibt es noch ein Eis und einen Galvanis. Bald sind wir zu Hause,  noch 380 km.


Camping Weergors, alle sehr freundlich und entspannt. Mit Restaurant und kleinen Laden zu vernünftigen Preisen. Übernachtung 30,00 Euro




The last waltz

Nachtrag zum gestrigen Tag. Gestern hatten wir den ersten ernstzunehmenden Unfall. Manni ist bei einer Wende und eigentlich schon steh...